Musikhaus Bading in Berlin-Neukölln

Meine Geschichte des Musikhaus Bading

Der Richardplatz ist das historische Zentrum von Neukölln. Dorfidylle im spektakulären Kiez. Surreal. Hier aber treffen Stadtgeschichte und Gegenwart manchmal hart aufeinander. Das geschah auch in der Silvesternacht zum Jahr 2019, als vor unseren Augen ein hundertjähriges Kiez-Kultur-Denkmal verschwand – für immer?

Vom Richardplatz geht es in wenigen Schritten über den Karl-Marx-Platz zum Wohnhaus der Familie Bading. Hier, in der Karl-Marx-Str. 186, eröffnet Otto Erich Bading im Jahr 1919 das Musikhaus Bading, bald eine wichtige Berliner Adresse für Musiker und Musikliebhaber.

99 Jahre nach Gründungsdatum ging ich ins Musikhaus Bading Noten kaufen. Hinter dem Tresen standen eine ältere Frau, letzte Nachkommin vom Otto, wie ich im Gespräch erfuhr, und ein Mann vielleicht Mitte/Ende Fünfzig. „Er sei früher Fahrer gewesen“, hat er mir erklärt, „als Bading noch groß war und dutzende Mitarbeiter hatte und mit LKWs in alle Richtungen ausgeliefert hat.“. Er sei als einziger übrig und helfe der alten Dame. „Wenn Sie wollen“, sagte der letzte Fahrer, „unten in den Räumen stehen noch die Vorrichtungen original mit den Plattenspielern. Und nächstes Jahr ist Hundertjähriges.“.

Vorher aber kam Silvester. Ich habe im Wedding gefeiert. Als ich in der Nacht zurückkam, brannte das Musikhaus. Am nächsten Morgen war die Feuerwehr noch nicht fertig. Wir standen fassungslos davor. „Die haben ein Museum angezündet“, sagte eine Frau zu mir. Angezündet?

Seitdem brodelt es in der Neuköllner Gerüchteküche. Die Mafia habe die nervigen Badings weghaben wollen. Chaoten seien direkt drauf mit Silvesterraketen. Sie hätten selbst die Summe von der Versicherung kassieren wollen. Sie wollen doch wieder aufmachen…

Die Tür, die seitdem verschlossen ist, füllte sich in den Wochen danach mit Zetteln, auf denen die Anwohner ihre Trauer und Anteilnahme bekundeten. Es roch beim Vorbeigehen verbrannt. Heute dienen die ehemaligen Schaufenster als Werbefläche. Nur die angerußte Leuchtschrift erinnert noch an das Musikhaus.

Geschichten im Richardkiez

Der Richardkiez liegt mir am Herzen. In meiner lialo Tour Hip & Historisch. The real Neukölln Deal. habe ich viele schöne, lustige und überraschende, aber eben auch traurige Geschichten für euch zusammengestellt.

Wir schauen bei der historischen Schmiede am Richardplatz vorbei. Gleich dort stellt ein berühmter Ritter Wurst her. Zwischen den derben Gewerken behauptet sich Dr. Pogo, das Veganer-Kollektiv. Garniert wird der Spaziergang mit Berliner Toilettenhistorie, superalten Grabsteinen, Rätselfragen zum Knobeln und Forschen und einer Menge kulinarischer Empfehlungen.

Hip & Historisch. The Real Neukölln Deal Stadtführung
15,00 €

Hip & Historisch. The Real Neukölln Deal

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